Martin Rosenthal, 90 Grad, 2013

Sigalit Landau, DeadSee, 2004 DeadSee, 2005 from studio Sigalit Landau on Vimeo. Salz verkörpert Leben und Tod. Die Spirale ist das Sinnbild der Ewigkeit. Und das Tote Meer ist Ort und Symbol zugleich. Nur hier können 500 Wassermelonen, aufgereiht wie Perlen an einer Schnur, eine Spirale auf dem Wasser formen ohne unterzugehen. Hier, am Fuße der ehemaligen jüdischen Festung Masada, bewahrt noch jedes einzelne Kristall der allgegenwärtigen Salzkruste Erinnerungen an die biblische Geschichte. Die Schale der Melonen auf dem türkisfarbenen Wasser ist dünner, ihr Fruchtfleisch ist süßer als das anderer Wassermelonen, da sie mit hochkonzentriertem Salzwasser gewässert wurden. Zwischen ihnen und mit ihnen treibt die Künstlerin, nackt und verwundbar. Der Salzgehalt des Toten Meeres ist so hoch, dass schon kleinste Hautabschürfungen wie Feuer brennen. Den Arm hat sie ausgestreckt zu einer Reihe aufgeschnittener Melonen, deren rotblutendes Fruchtfleisch einen hervorstechenden Farbkontrast setzen. Langsam entrollt sich die Spirale und mit ihr die Künstlerin aus dem Bild heraus ins Nirgendwo. Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was macht unser Menschsein aus? "DeadSea" stellt Fragen in ruhig dahin fließenden Bildern, fragil und von großer Schönheit. Katarina Veldhues & Gottfried Schumacher, Phantom, 2009 Und wo der Lichtstrahl des Beamers auf eine Fontäne trifft, treten die projizierten Porträtköpfe plastisch hervor, werden vom Wind geformt und verwehen wie eine flüchtige Erscheinung. Erinnerungen an Weggefährten, Verflossene, Verstorbene materialisieren sich im Fontänenstrahl, spiegeln sich schemenhaft im Teich, bevor sie regelrecht zerfließen. "Phantome", Metaphern der Vergänglichkeit, transitorische Momente zwischen Präsenz und Entmaterialisierung, die dort, in der Dunkelheit am Ufer des Teichs und dem gemeinsamen Ausgesetztsein des Wetters, von überwältigender Intensität sind. Ein zeitgenössisches Memento mori, das in seiner Vergänglichkeit die tiefste Melancholie hervorzurufen vermag. William Kentridge, More Sweetly Play the Dance, 2015 Zu den Klängen einer Blasmusik-Formation zieht eine Prozession schattenhafter Figuren über die ganze Breite der Projektionsfläche. Dem Fahnenträger folgen Arbeiter, Gefangene, Geistliche, Musiker. Alle tragen schwer an ihrem Gepäck, einem Transparent, Palmwedel oder ihrem Hausrat. Eine Reihe ausgemergelter Körper zieht einen Infusionsträger mit sich und lässt an den nahen Tod durch Ebola oder AIDS denken. Nur die Skelette tanzen ungeniert und unbeschwert ihren "Danse macabre". Der Titel "More Sweetly Play the Dance" bezieht sich auf die Sentenz "Spiel süßer den Tod - der Tod ist ein Meister aus Deutschland" aus Paul Celans "Todesfuge". Die Musik wiederholt sich auf eingängige Weise, ihr Rhythmus wird immer wieder von einzelnen Schattenfiguren aufgegriffen. Das Ziel des Menschenzuges ist unbekannt, die Gründe für ihren Aufbruch wohl so vielfältig wie die Last ihres Gepäcks. Das Motiv der Prozession wird so zu einem Sinnbild für die Flucht aus unhaltbaren Zuständen, für persönliche, politische und gesellschaftliche Veränderung, für den Lauf der Geschichte ganz allgemein. Es ist ein Aufruf für mehr Gerechtigkeit in dieser Welt, für ein globales Denken, das den Menschen wieder als systemimmanent begreift. "Erweiterte Projektion" als Teil der visuellen Mediengeschichte Die Durchdringung von projiziertem Licht und natürlicher Umwelt verändert die Bildwirklichkeit und ihre Wahrnehmung. Wo die glatte Ästhetik von Filmbildern auf die löchrige und dornige, solebenetzte Struktur von Reisigbündeln trifft, mutiert Haut zu einer porösen Oberfläche, nehmen Figuren eine plastische Erscheinung an. Die gesteigerte Materialität großer Farbflächen erinnert an Freskomalerei, je nach Abstraktionsgrad der Bilder auch an kostbare Wandteppiche. In Werken wie "More Sweetly Play the Dance", in dem Kentridge verschiedene Medien miteinander verschränkt, gehen dabei viele Details aus der Zeichnung verloren. Aber die Arbeit gewinnt, wie viele andere auch, insgesamt an Expressivität. Die räumliche Ausweitung der künstlerischen Projektionsflächen vom "White Cube" der musealen Präsentation in die Natur eines Kurparks, auf Bäume, Wasser und Gebäude, bedeutet die Veränderung des Kunstwerks durch die Beschaffenheit der Projektionsfläche. Die "Erweiterte Projektion" wird so im Sinne der Kuratoren zu einem konstruktiven Teil der visuellen Mediengeschichte.

Sigalit Landau, DeadSee, 2004

DeadSee, 2005 from studio Sigalit Landau on Vimeo.

Salz verkörpert Leben und Tod. Die Spirale ist das Sinnbild der Ewigkeit. Und das Tote Meer ist Ort und Symbol zugleich. Nur hier können 500 Wassermelonen, aufgereiht wie Perlen an einer Schnur, eine Spirale auf dem Wasser formen ohne unterzugehen. Hier, am Fuße der ehemaligen jüdischen Festung Masada, bewahrt noch jedes einzelne Kristall der allgegenwärtigen Salzkruste Erinnerungen an die biblische Geschichte. Die Schale der Melonen auf dem türkisfarbenen Wasser ist dünner, ihr Fruchtfleisch ist süßer als das anderer Wassermelonen, da sie mit hochkonzentriertem Salzwasser gewässert wurden. Zwischen ihnen und mit ihnen treibt die Künstlerin, nackt und verwundbar. Der Salzgehalt des Toten Meeres ist so hoch, dass schon kleinste Hautabschürfungen wie Feuer brennen. Den Arm hat sie ausgestreckt zu einer Reihe aufgeschnittener Melonen, deren rotblutendes Fruchtfleisch einen hervorstechenden Farbkontrast setzen. Langsam entrollt sich die Spirale und mit ihr die Künstlerin aus dem Bild heraus ins Nirgendwo. Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was macht unser Menschsein aus? “DeadSea” stellt Fragen in ruhig dahin fließenden Bildern, fragil und von großer Schönheit.

Katarina Veldhues & Gottfried Schumacher, Phantom, 2009
Und wo der Lichtstrahl des Beamers auf eine Fontäne trifft, treten die projizierten Porträtköpfe plastisch hervor, werden vom Wind geformt und verwehen wie eine flüchtige Erscheinung. Erinnerungen an Weggefährten, Verflossene, Verstorbene materialisieren sich im Fontänenstrahl, spiegeln sich schemenhaft im Teich, bevor sie regelrecht zerfließen. “Phantome”, Metaphern der Vergänglichkeit, transitorische Momente zwischen Präsenz und Entmaterialisierung, die dort, in der Dunkelheit am Ufer des Teichs und dem gemeinsamen Ausgesetztsein des Wetters, von überwältigender Intensität sind. Ein zeitgenössisches Memento mori, das in seiner Vergänglichkeit die tiefste Melancholie hervorzurufen vermag.

William Kentridge, More Sweetly Play the Dance, 2015
Zu den Klängen einer Blasmusik-Formation zieht eine Prozession schattenhafter Figuren über die ganze Breite der Projektionsfläche. Dem Fahnenträger folgen Arbeiter, Gefangene, Geistliche, Musiker. Alle tragen schwer an ihrem Gepäck, einem Transparent, Palmwedel oder ihrem Hausrat. Eine Reihe ausgemergelter Körper zieht einen Infusionsträger mit sich und lässt an den nahen Tod durch Ebola oder AIDS denken. Nur die Skelette tanzen ungeniert und unbeschwert ihren “Danse macabre”.
Der Titel “More Sweetly Play the Dance” bezieht sich auf die Sentenz “Spiel süßer den Tod – der Tod ist ein Meister aus Deutschland” aus Paul Celans “Todesfuge”.
Die Musik wiederholt sich auf eingängige Weise, ihr Rhythmus wird immer wieder von einzelnen Schattenfiguren aufgegriffen. Das Ziel des Menschenzuges ist unbekannt, die Gründe für ihren Aufbruch wohl so vielfältig wie die Last ihres Gepäcks.
Das Motiv der Prozession wird so zu einem Sinnbild für die Flucht aus unhaltbaren Zuständen, für persönliche, politische und gesellschaftliche Veränderung, für den Lauf der Geschichte ganz allgemein. Es ist ein Aufruf für mehr Gerechtigkeit in dieser Welt, für ein globales Denken, das den Menschen wieder als systemimmanent begreift.

“Erweiterte Projektion” als Teil der visuellen Mediengeschichte
Die Durchdringung von projiziertem Licht und natürlicher Umwelt verändert die Bildwirklichkeit und ihre Wahrnehmung. Wo die glatte Ästhetik von Filmbildern auf die löchrige und dornige, solebenetzte Struktur von Reisigbündeln trifft, mutiert Haut zu einer porösen Oberfläche, nehmen Figuren eine plastische Erscheinung an. Die gesteigerte Materialität großer Farbflächen erinnert an Freskomalerei, je nach Abstraktionsgrad der Bilder auch an kostbare Wandteppiche. In Werken wie “More Sweetly Play the Dance”, in dem Kentridge verschiedene Medien miteinander verschränkt, gehen dabei viele Details aus der Zeichnung verloren. Aber die Arbeit gewinnt, wie viele andere auch, insgesamt an Expressivität.

Die räumliche Ausweitung der künstlerischen Projektionsflächen vom “White Cube” der musealen Präsentation in die Natur eines Kurparks, auf Bäume, Wasser und Gebäude, bedeutet die Veränderung des Kunstwerks durch die Beschaffenheit der Projektionsfläche. Die “Erweiterte Projektion” wird so im Sinne der Kuratoren zu einem konstruktiven Teil der visuellen Mediengeschichte.

Sigalit Landau, DeadSee, 2004

DeadSee, 2005 from studio Sigalit Landau on Vimeo.

Salz verkörpert Leben und Tod. Die Spirale ist das Sinnbild der Ewigkeit. Und das Tote Meer ist Ort und Symbol zugleich. Nur hier können 500 Wassermelonen, aufgereiht wie Perlen an einer Schnur, eine Spirale auf dem Wasser formen ohne unterzugehen. Hier, am Fuße der ehemaligen jüdischen Festung Masada, bewahrt noch jedes einzelne Kristall der allgegenwärtigen Salzkruste Erinnerungen an die biblische Geschichte. Die Schale der Melonen auf dem türkisfarbenen Wasser ist dünner, ihr Fruchtfleisch ist süßer als das anderer Wassermelonen, da sie mit hochkonzentriertem Salzwasser gewässert wurden. Zwischen ihnen und mit ihnen treibt die Künstlerin, nackt und verwundbar. Der Salzgehalt des Toten Meeres ist so hoch, dass schon kleinste Hautabschürfungen wie Feuer brennen. Den Arm hat sie ausgestreckt zu einer Reihe aufgeschnittener Melonen, deren rotblutendes Fruchtfleisch einen hervorstechenden Farbkontrast setzen. Langsam entrollt sich die Spirale und mit ihr die Künstlerin aus dem Bild heraus ins Nirgendwo. Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was macht unser Menschsein aus? “DeadSea” stellt Fragen in ruhig dahin fließenden Bildern, fragil und von großer Schönheit.

Katarina Veldhues & Gottfried Schumacher, Phantom, 2009
Und wo der Lichtstrahl des Beamers auf eine Fontäne trifft, treten die projizierten Porträtköpfe plastisch hervor, werden vom Wind geformt und verwehen wie eine flüchtige Erscheinung. Erinnerungen an Weggefährten, Verflossene, Verstorbene materialisieren sich im Fontänenstrahl, spiegeln sich schemenhaft im Teich, bevor sie regelrecht zerfließen. “Phantome”, Metaphern der Vergänglichkeit, transitorische Momente zwischen Präsenz und Entmaterialisierung, die dort, in der Dunkelheit am Ufer des Teichs und dem gemeinsamen Ausgesetztsein des Wetters, von überwältigender Intensität sind. Ein zeitgenössisches Memento mori, das in seiner Vergänglichkeit die tiefste Melancholie hervorzurufen vermag.

William Kentridge, More Sweetly Play the Dance, 2015
Zu den Klängen einer Blasmusik-Formation zieht eine Prozession schattenhafter Figuren über die ganze Breite der Projektionsfläche. Dem Fahnenträger folgen Arbeiter, Gefangene, Geistliche, Musiker. Alle tragen schwer an ihrem Gepäck, einem Transparent, Palmwedel oder ihrem Hausrat. Eine Reihe ausgemergelter Körper zieht einen Infusionsträger mit sich und lässt an den nahen Tod durch Ebola oder AIDS denken. Nur die Skelette tanzen ungeniert und unbeschwert ihren “Danse macabre”.
Der Titel “More Sweetly Play the Dance” bezieht sich auf die Sentenz “Spiel süßer den Tod – der Tod ist ein Meister aus Deutschland” aus Paul Celans “Todesfuge”.
Die Musik wiederholt sich auf eingängige Weise, ihr Rhythmus wird immer wieder von einzelnen Schattenfiguren aufgegriffen. Das Ziel des Menschenzuges ist unbekannt, die Gründe für ihren Aufbruch wohl so vielfältig wie die Last ihres Gepäcks.
Das Motiv der Prozession wird so zu einem Sinnbild für die Flucht aus unhaltbaren Zuständen, für persönliche, politische und gesellschaftliche Veränderung, für den Lauf der Geschichte ganz allgemein. Es ist ein Aufruf für mehr Gerechtigkeit in dieser Welt, für ein globales Denken, das den Menschen wieder als systemimmanent begreift.

“Erweiterte Projektion” als Teil der visuellen Mediengeschichte
Die Durchdringung von projiziertem Licht und natürlicher Umwelt verändert die Bildwirklichkeit und ihre Wahrnehmung. Wo die glatte Ästhetik von Filmbildern auf die löchrige und dornige, solebenetzte Struktur von Reisigbündeln trifft, mutiert Haut zu einer porösen Oberfläche, nehmen Figuren eine plastische Erscheinung an. Die gesteigerte Materialität großer Farbflächen erinnert an Freskomalerei, je nach Abstraktionsgrad der Bilder auch an kostbare Wandteppiche. In Werken wie “More Sweetly Play the Dance”, in dem Kentridge verschiedene Medien miteinander verschränkt, gehen dabei viele Details aus der Zeichnung verloren. Aber die Arbeit gewinnt, wie viele andere auch, insgesamt an Expressivität.

Die räumliche Ausweitung der künstlerischen Projektionsflächen vom “White Cube” der musealen Präsentation in die Natur eines Kurparks, auf Bäume, Wasser und Gebäude, bedeutet die Veränderung des Kunstwerks durch die Beschaffenheit der Projektionsfläche. Die “Erweiterte Projektion” wird so im Sinne der Kuratoren zu einem konstruktiven Teil der visuellen Mediengeschichte.

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