Die erste Woche im Homeoffice ist überstanden: Alles ist wie sonst, nur ganz anders. Der Schwager simuliert die Gedrängtheit der sonst üblichen S-Bahnfahrt im heimischen Badezimmer. Draußen brilliert der Frühling und drinnen der Chef mit Motivationsansprachen. Wohin wird das führen?
Homeoffice ist, was es besagt: das ganze Heim ein Office, da gibt es nichts zu beschöningen. Nur wer ein häusliches Arbeitszimmer gesetzeskonform von der Steuer absetzen kann, erfüllt (möglicherweise) die Mindestanforderungen für diese Art von Heimarbeit. Die anderen schaufeln sich eine Kommode frei und nehmen die Nachteile wohl oder übel in Kauf. Dass ich meinen mit zwei Monitoren voll ausgestatteten Arbeitsplatz auf 1,6 qm komprimiert habe, ist vielleicht eine logistische, mitnichten aber eine ergonomische Meisterleistung. Ich nehme gesundheitliche Folgeschäden, fehlende soziale Kontakte sowie mangelnde Trennung von Privat- und Berufsleben in Kauf, während die Firma dabei noch Ressourcen spart.
Homeoffice-Controlling
Gleichzeitig fordert die Geschäftsleitung angesichts der dezentralen Arbeitsorganisation mehr Kontrolle ein, die mit der Einführung von Microsoft Teams ohnehin deutlich ausgeweitet wurde. Schon möglich, dass der spontane Wechsel ins Homeoffice ohne eine solche Kollaborationssoftware nicht so einfach gewesen wäre. Richtig ist aber auch, dass Teams in Zusammenarbeit mit Skype Business die permanente Kontrolle über die An- und Abwesenheit der Mitarbeiter erlaubt. Dass Microsoft mit Teams vom massenhaften Umstieg ins Homeoffice profitiert, ist deshalb nicht nur eine ökonomische Frage, sondern betrifft essenziell das zukünftige Arbeitsleben.
Das fängt bei einfachen Workflows an. Die Geschäftsleitung bei mir zu Hause? Bislang undenkbar. Und auf einmal gestatte ich meinen Vorgesetzten bei der täglichen Videokonferenz einen Ausschnitt in meine Privatwohnung. Dass man den Hintergrund unscharf schalten kann, tut hier nichts zur Sache. Es geht ums Prinzip.
Überwachen gegen Covid-19?
Im Sinne einer Eindämmung der Corona-Epidemie hat Herr Spahn laut über das Tracking von Handydaten nachgedacht und auch bereits einen Gesetzesentwurf gemacht, der die Übermittlung personalisierter Bewegungsdaten an staatliche Behörden erlaubt. Ohne zeitliche Befristung und ohne Kontrolle. Da schrillen die Alarmglocken. Der Gesundheitsminister hat seinen Ermächtigungs-Versuch vorerst zurückgezogen. Aber laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa befürwortet rund jeder zweite Deutsche die Nutzung von Handydaten zur Nachverfolgung von Infektionsketten. Die “epidemische Lage von nationaler Tragweite” als Chance zur Installation weitreichender Überwachungsmethoden?
Die Lage ist ernst. Aber reicht das aus, um uneingeschränkt demokratische Grundrechte außer Kraft zu setzen? Auf wieviel Freiheit und wieviele Bürgerrechte sind wir (befristet) bereit zu verzichten? Und zu welchem Preis? Und wer garantiert, dass manche dieser Einschränkungen nicht dauerhaft installiert werden?
Fortsetzung folgt