Wer Kunst kauft, kommt in den Himmel.
Die Geschichte könnte mit einem toten Hasen beginnen, einem gekreuzigten Frosch, Beuys oder Kippenberger und der Art Cologne. Mit einem rauchenden Putto im Badezimmer, sorgsam gehegten Sämereien auf dem Balkon und Papierfischchen, die sich gaanz langsam durch fünf Buchkilometer fressen. Mit der Eröffnung der dystopischen Fortsetzungsgeschichte “Muck rockt Berlin” oder deren zweite oder dritte Folge – egal, verstanden hat das ohnehin niemand. Mit einem lebensmittelechten Pac-Man aus feynst geschliffenem Käsekuchen und Cocktail-Tomaten (Man soll nicht mit dem Essen spielen, Liebelein!), mit gekochten Spaghetti zum Anfeuern des Ofens an Weihnachten und einer leidenschaftlichen Liebe für Mönchengladbach (für Feynschliff sowieso). Aber mit Fußball kenne ich mich genauso wenig aus wie mit der Corps-Etikette gleich welcher Couleur.
Schombergs Welt. Leben am Limit und leben von Gegensätzen. Gentleman mit einem Faible für britisches Understatement, tolldreist frisierte Haare und farbenfrohe Socken. Sprachwitziger Entertainer, der nicht nur die Bühne des Kalker Kaffee gerockt hat: Nein, du hast den Boden unter deinen Füßen zu einer Bühne gemacht mit deiner unglaublichen Präsenz und Eloquenz, mit deinem unvergleichlichen Humor.
Ohne Vorwarnung endet stattdessen die Geschichte, sprengt der Kriminalbeamte das Wohnzimmer als wäre er der große Muck, spricht von nicht abgeschlossenen kriminaltechnischen Untersuchungen und Überführung erst nach erfolgter Freigabe.
Plötzlich Stille. Müde habe ich dich noch in einem letzten Post im Zug von Köln nach Marburg sitzen sehen, nun bist du im Transit fixiert, als wärst du dort nie angekommen. Du hast die Welt betextet, vertextet, umgetextet. Immer im Hier und Jetzt und stets synchron im Strom der sozialen Medien. Du warst ein Social Media Nerd und vielleicht hast du das Metaverse bereits gelebt. Meta jedenfalls hielt einen Schockmoment inne, bis eine Welle der Anteilnahme durch die Kanäle plingte, als wir noch ungläubig deine Abwesenheit zu begreifen suchten. Fast forward: Social Media live.
Rewind: Retrospektiv scheint deine Ungeduld in einem anderen Licht. Den Geschwindigkeitsbegrenzungen auf der Landstraße zum Kloster Knechtsteden im altersschwachen Nissan brav Folge zu leisten, war dir nicht schnell genug. Zusammengefaltet auf dem Beifahrersitz hast du deine Ungeduld in feinen Spott über das #lebenamlimit500 gefasst. Das echte Leben am Limit der Erwerbslosigkeit war mit deinem Humor und deiner Großzügigkeit so manches Mal erträglicher.
@artmas: Sie kommen aus Köln. Wir haben uns gefragt, ob Ihre Bewerbung ernst gemeint war. #Dorsten
@schomberg: Lieber #Hungern als #Dorsten
Satire hast du überall ge(t)wittert und deine “Humorverbrechen” sind so legendär wie dein Sockenschuss. In “Witzwort” im Landkreis Nordfriesland hast du selbstironisch deinen letzten Wirkungsort gesehen.
Du bist nicht gegangen, du bist von deiner letzten Reise einfach nicht mehr wiedergekehrt. Doch wie im Leben hast du noch im Tod in deiner Welt performt. Der Gedanke eines Freundes hat uns in dieser Hinsicht ein Lächeln ins Gehirn gedreht: Warum sollte ein so buntes und inspiriertes Leben wie deines mit einem schnöden Verwaltungsakt einfach so beendet sein?
Vielleicht hast du tatsächlich schöner und intensiver gelebt, als andere, denen ein längeres Leben vergönnt war. Ganz gewiss ist ohne dich die Welt viel weniger bunt.
Dein Licht wird bleiben.
Heiko Schomberg (1971 – 2023)
“Er wollte … Ach, er wollte so viel.” (Muck rockt Berlin, 2012)