Im Pariser Grand Palais (1.10.2014-18.1.2015) zeigen rund 500 Hokusai (1760-1849) zugeschriebene Malereien, Zeichnungen und Drucke die schier unerschöpfliche Vielfalt und Schaffenskraft des japanischen Künstlers.
Seine Flutwelle ist tausendfach reproduziert worden. Im Museumsshop des Grand Palais wird sie abermals populär auf Tassen, Taschen und als Druck angeboten. Schließlich ist sie nicht nur ästhetisch überzeugend in Szene gesetzt, die Linien der langen Boote sind den Wellen angepasst, die sie hinabstürzen. Die dargestellte Winzigkeit des Menschen im Angesicht von Naturgewalten hat nichts von ihrer Bedrohlichkeit eingebüßt – und beschert uns nebenbei eine Ansicht des Fuji, wie wir sie noch nie gesehen haben.
Die weltberühmten “Sechsunddreißig Ansichten des Berges Fuji” von Hokusai (zwischen 1830 und 1836), allen voran die Ansicht “In den Flutwellen am Strand von Kanagawa”, sind Publikumsmagnet der umfangreichen Ausstellung. Der Besucherstrom gerät vor diesem Bild ins Stocken. Es heißt, rasch die verschiedenen Blauabstufungen in sich aufsaugen, die deutlich sichtbare Maserung des Kirschholzes auf dem Papier im Geiste nachprägen. Die anstehende Besucherschlange drängt weiter, die nächste Ansicht des Fuji wartet nicht lange.
ukiyo-e – Bilder der flüchtigen Welt
So heißt es, viel Zeit und Geduld mitzubringen für die Ausstellung, die den Einfluss japanischer Holzschnitte auf französische Künstler zu Beginn lediglich konstatiert. Lange Zeit hatte sich Japan vom Rest der Welt abgeschottet. Doch um die Mitte des 19. Jahrhunderts gelangten ukiyo-e-Bilder, also Drucke, die die so genannte flüchtige Welt darstellten und tausendfach reproduziert wurden, als Packpapier in den Westen. Umgangssprachlich bezeichnete ukiyo auch delikate Unternehmungen im Vergnügungsviertel der Hauptstadt Edo. Ein buntes Milieu, das vor allem die Künstler faszinierte – in Ost und West. Viele französische Künstler griffen die Anregungen begeistert auf. Dieser west-östlichen Begegnung ist derzeit eine eigene Schau in Essen gewidmet: “Monet, Gauguin, van Gogh – Inspiration Japan”.
Hokusai-Manga
Katsushika Hokusai hat die Welt um ihn herum in zahlreichen Skizzen festgehalten. Diese Momentaufnahmen der japanischen Gesellschaft und Kultur publizierte er in 15 Bänden unter dem Titel “Manga“. Es ist jedoch nicht nur der populäre Begriff, der seinen Skizzen bis in die heutige Zeit Bedeutung verleiht. Am oberen Treppenaufgang fasziniert eine digitale Animation aus Einzelmotiven von Hokusai im Grand Palais gerade durch die Unmittelbarkeit der bewegten Bilder, die spielend fast 200 Jahre in der ästhetischen Entwicklung überbrücken.